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Mit 52 Wasserstoffbussen wird die RVK eine der größten, wenn nicht die größte H2 Busflotte haben. Mit den letzten Lieferungen, Ende des Jahres 2021, sind dann 16% des Bestandes der RVK reine H2 Busse. Wie konnte es soweit kommen?
Wohin mit all dem Wasserstoff?
Ein bisschen Historie. In Hürth bei Köln gibt es den Chemipark Knapsack. Hier fiel bei der Produktion von Chlorprodukten Wasserstoff an, der größtenteils abgefackelt (vernichtet) wurde. Dies war einigen Planern ein Dorn im Auge. Der rührige Verein “HyCologne – Wasserstoff Region Rheinland e. V.” hatte die Idee den Wasserstoff für Fahrzeuge zu verwerten. Dazu braucht man zunächst eine Tankstelle und dann Abnehmer. Also wurde der Bau einer Wasserstofftankstelle vorangetrieben. Als Abnehmer waren Busse geplant. Und hier kommt die RVK und die Stadtwerke Hürth ins Spiel. Engagierte Köpfe loteten aus, was es für Bustypen gab. Zu der Zeit experimentierte die Fa MAN mit Verbrennungsmotoren, die mit Wasserstoff versorgt wurden, ähnlich wie es bei Flüssiggasfahrzeugen geschieht. Also wurden bei MAN 5 Wasserstoffbusse mit einer Option auf 2 weitere im Jahr 2009 bestellt. Leider trat MAN 2010 vom Vertrag zurück. Eine Vermutung ist, dass MAN nicht einen zweiten Standort, neben Berlin, betreuen wollte.
Nachdem MAN abgesprungen war, wurde nach Ersatz gesucht. Mercedes hatte die Wasserstoff-Citaro-Reihe abgeschlossen und keinen Ersatz entwickelt.
Und dann kam Phileas
Wie nun weiter? Mit dem Land NRW und niederländischer Unterstützung kam man auf das Unternehmen APTS in Eindhoven, NL. Dies war experimentierfreudig und hatte unter dem Namen Phileas ein- und zweigliedrige dieselelektrische Hybridbusse im Angebot. APTS nahm die Herausforderung an und ging an die Entwicklung einer Wasserstoff-Variante von Phileas. Dabei wurde in Kooperation gearbeitet. Lt Wikipedia: “… waren am Bau des Busses Vossloh-Kiepe (Hybridtechnologie), Hoppecke Batterien (Batterie), RWTH Aachen und FH Köln (Energiemanagement-System) beteiligt”. Die 2 neuentwickelten Wasserstoff-Phileas waren von 2011 bis 2016 in Hürth, Brühl und im Erftkreis im planmäßigen Einsatz.
Die belgische Bus-Schmiede van Hool
Die RVK wollte 2014 zwei weitere H2 Busse kaufen. Da APTS in die Insolvenz gegangen war, hielt man Umschau und wurde in Belgien fündig. Van Hool lieferte bereits 2005 Wasserstoffbusse in die Vereinigten Staaten. Die 3-achsigen Vorserienmodelle des Typ A330 FC (siehe Video) sind bis heute im Einsatz. Sie haben eine Reichweite von 300 km. Die Verfügbarkeit soll von 80% auf 90% gestiegen sein.
2018 wurden weitere 30 Busse Typ A330 FC bestellt. Aufgrund einer Stornierung aus Riga, die 5 Busse bestellt hatten, wurde die Bestellung kurzerhand auf 35 Busse erhöht. Die Serienmodelle sind 2-achsig und haben eine Reichweite von 350 km. Der Verbrauch liegt bei 8-9 kg H2 /100 km. (Dies ist das Energieäquivalent zu ca. 29,7 l Diesel).
Null Emission bis 2030 – Und nun Solaris
Im Jahr 2014 sagte Jens Conrad (RVK), dass die RVK ein ambitioniertes Ziel habe. Das Projekt “Null Emission bis 2030” bedeutet die gesamte Flotte, bestehend aus 327 Bussen (Stand Ende 2019), umzustellen. Folgerichtig erfolgte im Jahr 2020 eine Ausschreibung von weiteren 15 H2-Bussen. Wie bereits bei der Bestellung 2018 war dies eine gemeinsame Ausschreibung mit den “Wuppertaler Stadtwerke GmbH”. Die Wasserstoffbusse wurden im Rahmen des EU-Förderprojektes JIVE (35 Busse) bzw. JIVE 2 (15 Busse) ausgeschrieben und die Vorgabe seitens des Projektes war die Maximalpreise von 650.000 bzw. 625.000 Euro nicht zu überschreiten. Den Zuschlag bekam die Fa. Solaris für 15 H2 Busse vom Typ Solaris “Urbino 12 hydrogen“. Einer wurde bereits geliefert und 14 werden bis Ende 2021 folgen. Und damit ist die RVK einen Schritt weiter in ihrem Projekt und erreicht 16% alternative Antriebe in ihrer Flotte. Gratulation von hier aus.
Wo kann die RVK tanken?
Die RVK verfügt über zwei eigene und zwei fremde Tankstellen. In Wermelskirchen gibt es eine RVK-H2-Tankstelle mit 350 bar. Sie wurde in Verbindung mit der Linde GmbH gebaut. Auch die RVK H2-Tankstelle Meckenheim ist für 350 bar ausgelegt. Sie entstand in Zusammenarbeit mit dem Framatome-Konsortium. Am Flughafen Köln/Bonn hat die “Total” eine H2 Tankstelle, die von Joint-Venture H2 Mobility betrieben wird. Hier gibt es sowohl eine Zapfstelle für Wasserstoffbusse (350 bar) als auch eine Säule für PKWs (700 bar). Und nicht zuletzt die bereits oben erwähnte Tankanlage der Stadtwerke Hürth. Diese ist für 10 Busbetankungen pro Tag mit 350 bar ausgelegt.
Bilder zu den Wasserstoffbussen





Anmerkungen
Phileas: Ein Exemplar ist nach wie vor bei der RKV und soll demnächst im “Aus- und Weiterbildungszentrum Mechernich” ausgestellt werden. Der andere Bus wurde, lt Wikipedia, an “HET Verkehrstechnik GmbH in Neumarkt am Wallersee” verkauft und diente bis zur Verschrottung (im Jahr 2020) Versuchszwecken.
Phileas zum zweiten: Bekannt wurden die Busse durch die Hybrid-Technik und das System FROG. Das System FROG steuerte den Bus von allein entlang einer Busspur nach Streckenbeschreibung, die, von auf der Strecke angebrachten Magneten, synchronisiert wurden.
Nun kurz zur bei Phileas angewandten Hybrid Technik: Hier lief ein Diesel-Aggregat im Heck und lud Nickel-Metall-Hydrid-Akkus auf. Von da geht die Leistung auf 2 Elektromotore, die beim Bremsen wieder Strom in die Batterien zurückgeben (Rekuperation). Der Verbrauch bei Phileas in Eindhoven sank auf 42 Liter pro 100 km, wohingegen “normale” Dieselfahrzeuge auf den gleichen Strecken 54 Liter verbrauchten.
Und die Credits:
Besonders bedanke ich mich für Informationen der RVK (Frau Schneider, Pressestelle) und Gespräche mit Carsten Krause.
Die Bilder haben die freundliche Genehmigung durch die RVK und den Fotografen Aschoffotografie (Tankstelle). Weitere Quellen sind mit einem Link versehen.